Gut zu Wissen #coronacrash - April 2020
Der Corona-Crash
Crash: Ab Mitte Februar wurde erkennbar, dass sich die chinesische Corona-Virus-Epidemie zu einer weltweiten Pandemie ausweiten würde. Die Aktienbörsen erlebten daraufhin einen Crash. Panikartige Verkaufswellen ließen Aktienindizes um zweistellige Prozentsätze abstürzen. Der Weltaktienindex verlor nach seinem Rekord Mitte Februar innerhalb von fünf Wochen über 30 Prozent. Viele Branchen traf es weitaus stärker, beispielsweise Tourismusunternehmen und Fluggesellschaften, deren Aktienkurse im gleichen Zeitraum meist über die Hälfte verloren.
Historisch beispiellos: Die Aktienmärkte erlebten seit Mitte Februar einen Crash historischen Ausmaßes. Allenthalben werden Vergleiche mit dem Zusammenbruch der Börsen im Oktober 1929, dem Crash von 1987, dem Bärenmarkt von 2000 bis 2003 und der Finanzkrise 2008 gezogen. Doch daraus lassen sich keine eindeutigen Rückschlüsse auf Ausmaß und Dauer der aktuellen Börsenschwäche ziehen. So gab es Aktiencrashs, die sich mehr oder weniger an einem einzigen Tag abspielten. In diesen Fällen waren rasche Aktieninvestments gewinnbringend. Wer ein paar Wochen wartete, verpasste den größten Teil der Kurserholung.
In anderen Fällen dauerten die Schwächephasen an den Börsen jahrelang. Zwei Beispiele für solche Bärenmärkte, die jeweils drei Jahre dauerten und die Erfahrungen vieler heutiger Anleger prägen, sind die Zeiträume 2000 bis März 2003 und 2007 bis März 2009. Auch der folgenschwerste Börsenkrach der Geschichte, der im Oktober 1929 begann, dauerte fast drei Jahre, nämlich bis Mitte 1932. Nach dem mit 22,6 Prozent größten Tagesverlust an der Wallstreet, dem Schwarzen Montag vom 19. Oktober 1987, stabilisierten sich Aktienkurse vergleichsweise schnell. 15 Monate später stand der Dow Jones höher als je zuvor. Allein aus der Statistik früherer Börsenschwächen lässt sich also keine Einschätzung ableiten, wie lange und wie weit Aktienkurse fallen. Nur eine Beobachtung lässt sich verallgemeinern: Wer die Börsenschwäche für Aktieninvestments nutzte, machte in der Zeit danach hohe Gewinne. Manchmal dauerte das mehrere Jahre, manchmal nur Wochen.
Auch der Auslöser der Börsenschwäche, die COVID-19-Pandemie, hat in der Geschichte keine Vorbilder, die verlässliche Prognosen über Dauer und Ausmaß zulassen. Die Vergleiche mit mittelalterlichen Pestilenzen, der Spanischen Grippe 1918 bis 1920 und den zahlreichen kleineren Seuchen der vergangenen Jahrzehnte sind immer nur in Teilaspekten auf die aktuelle Situation übertragbar. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Dieses wohl fälschlicherweise Mark Twain zugeschriebene Zitat sollte man sich stets vor Augen halten, wenn man versucht, aus der Analyse historischer Ereignisse Rückschlüsse auf die nähere Zukunft zu ziehen.
Für die Börsen sind Epidemien und sogar Pandemien nur in dem Umfang relevant, in dem sie wirtschaftliche Prozesse stören. Trotz des vergleichsweise geringen Prozentsatzes derer, die schwer erkranken oder sterben, hat die aktuelle COVID-19-Pandemie nie zuvor in der jüngeren Geschichte erreichte Auswirkungen. Denn Infizierte sind hochansteckend, sodass eine Eindämmung das deutliche Verringern von Sozialkontakten erfordert. Während der Kampf gegen die Seuchen der vergangenen Jahrzehnte vor allem in Krankenhäusern und Laboren ausgetragen wurde - ohne nennenswerte Auswirkungen auf die Wirtschaft - kommt es nun zu Grenzschließungen, Reiseverboten, häuslichen Quarantänen, Veranstaltungsabsagen, Versammlungsverboten und der zeitweiligen Stilllegung von Betrieben und Fabriken. Dies führt dazu, dass die Leistung der Weltwirtschaft zumindest im ersten Halbjahr unter das Vorjahresniveau absacken wird, was man eine Rezession nennt.
Die Unternehmensgewinne werden, zumindest im Durchschnitt, stark zurückgehen. Viele Unternehmen, die im vergangenen Jahr noch Gewinne gemacht haben, rutschen in die Verlustzone. Dies hat an den Aktienmärkten die hohen Kursverluste ausgelöst. Nun aber geht es um die Frage,wie lange diese Verlustphase dauert. Droht eine jahrelange Krise? Oder erlebt die Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten schon eine Erholung? Die Antwort auf diese Frage entscheidet, ob die Aktienmärkte zunächst noch schwach bleiben oder die Kurserholung schon in den nächsten Monaten stattfindet.
Asien liegt mit Maßnahmen zur Virus-Eindämmung vorne
Dass es Maßnahmen gibt, die die Infektionswelle eindämmen oder zumindest verlangsamen können, zeigen die Erfolge in Asien. Nachdem man dort in den vergangenen zwei Jahrzehnten drei größere Epidemien erlebt hat, waren die Staaten besser vorbereitet als Europa und die USA. Viele Länder Asiens modernisierten ihre Krisenreaktionspläne und investierten verstärkt in Forschung und Prävention.
Als sich die jetzige Covid-19-Pandemie im Januar noch im Anfangsstadium befand, begann Taiwan bereits damit, bei Einreisenden vom chinesischen Festland die Temperatur zu messen. Etwa 800.000 Personen aus Taiwan leben und arbeiten in China, das zudem der wichtigste Handelspartner ist. Trotzdem folgte schon am 7. Februar ein Einreiseverbot für alle Personen, die in den zurückliegenden 14 Tagen in China waren. Dadurch blieb es bei wenigen Infektionen in Taiwan, die zudem offenbar frühzeitig entdeckt und isoliert werden konnten.
Auch der Stadtstaat Singapur hatte die Konsequenzen aus den Erfahrungen mit SARS 2003 und H1N1 2009/2010 gezogen. Vor zehn Jahren hatten sich geschätzt 400.000 Patienten mit der Schweinegrippe angesteckt. Danach wurden die Kapazität in der Gesundheitssicherheit massiv ausgebaut, darunter ein staatliches Quarantänegebäude und ein nationales Zentrum für infektiöse Krankheiten mit 330 Betten. Schon am 2. Januar informierte das Gesundheitsministerium Singapurs alle Ärzte im Lande über eine neue Lungenkrankheit in der Region Wuhan. Und tags darauf begann das Flughafenpersonal, die Temperatur der Ankömmlinge aus Wuhan zu messen. Auch Singapur schränkte dann sehr früh die Einreise aller Personen ein, die in den letzten 14 Tagen nach China gereist waren.
Zudem setzte der Stadtstaat auch beim Kampf gegen Corona auf ein System von Anreizen und Bestrafungen. Coronavirus-Patienten wird die Behandlung vom Staat geschenkt, während Personen, die sich nicht an eine angeordnete Quarantäne halten, mit hohen Geld- oder Haftstrafen rechnen müssen. Jeder Privathaushalt erhielt vier Schutzmasken und wurde angewiesen, diese nur bei Krankheitssymptomen zu tragen. Daten zu Angesteckten und Geheilten einschließlich persönlicher Adressen und Orten, die die Patienten besucht hatten, werden öffentlich zugänglich gemacht.
Vietnam hat frühzeitig umfangreiche Aufklärungskampagnen gestartet. Als die ersten Infektionsfälle auftraten, riegelten die Behörden die betroffene Stadt Son Loi für 20 Tage ab. Auch die Grenzen zu China, Vietnams wichtigstem Handelspartner, wurden geschlossen, Flugverbindungen von und nach China und Südkorea gekappt und die Schüler in 63 Provinzen vom Unterricht befreit. Mittels eines neu entwickelten Online-Services müssen alle Bürger bei Strafandrohung ihren Gesundheitszustand melden. Das Land habe sein Reaktionssystem zu einem frühen Zeitpunkt des Ausbruchs aktiviert, indem es die Überwachung intensiviert, die Testkapazität der Labore erhöht und die Handhabung von Krankheitsfällen in den Krankenhäusern geregelt habe, stellte ein Fachmann der Weltgesundheitsorganisation WHO fest.
Eindrucksvoll ist vor allem die Leistung Südkoreas bei der Eindämmung der Infektionen. Nach China zählte Südkorea zunächst die höchsten Fallzahlen. Dies dürfte aber auch daran liegen, dass die Dunkelziffer nicht entdeckter Infektionen vergleichsweise gering ist. Während andere Länder nicht genau wissen, wie schlimm die Lage ist, gelten Südkoreas Zahlen als die zuverlässigsten der Welt. Nach der Erfahrung mit den Coronaviruskrankheiten SARS und MERS baute man große Testkapazitäten auf. In Südkorea können rund 20.000 Virentests täglich durchgeführt werden. Und mit den Tests begann das Land schon am 11. Januar. Bis Mitte März wurden rund 200.000 Personen auf das Virus untersucht. Unter anderem wurden Drive-Through-Testzentren eingerichtet, in denen Bürger in ihren Autos sitzend getestet werden können. Inzwischen wurde diese Organisationsform in anderen Ländern kopiert. Thermometer zur Fiebererkennung und Desinfektionsmittel standen in Südkorea rasch flächendeckend zur Verfügung. Wurden größere Infektionsherde gefunden, stellte die Regierung zudem auch ganze Wohnblöcke oder Einrichtungen unter Quarantäne. Das Gesundheitssystem war gut vorbereitet und sortierte die Patienten rasch. Schwere Fälle kamen in Spezialkliniken, leichte Fälle mussten sich zu Hause auskurieren, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. So blieb die Sterberate bei Infizierten unter einem Prozent.
Fazit: Während die Wirtschaft in Europa und Amerika unter dem Eindruck der Pandemie heruntergefahren wird, zeichnet sich in Asien bereits eine Erholung ab. So gehört der chinesische Aktienmarkt zu den Investments mit den geringsten Verlusten im laufenden Jahr. Weltweite Risikostreuung hat sich auch in dieser Krise bewährt.
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Binder Manfred, MLS
allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger
Artikel Quelle: "Gut zu Wissen" - FinanzAdmin
Photo by Markus Spiske on Unsplash